Das unerlaubte Anbauen von Betäubungsmitteln ( § 29
Abs. 1 S 1 Nr 1 BtMG)
Im BtMG (Betäubungsmittelgesetz) von 1971 war der Anbau von
Betäubungsmitteln noch straflos. Man ging davon aus, dass in
Deutschland das Klima ungeeignet wäre. Spätestens seit den
heißen Sommern von 1982 und 1983 gab es aber keine Zweifel
mehr, dass bei günstiger Witterung auch in den hiesigen
Breiten ganze Felder von „Cannabis sativa" und „Papaver
somniferum" (Schlafmohn) angebaut und auch geerntet werden
können. In weiser Voraussicht hatte man auch schon ein Jahr
zuvor den Anbau verboten. Allerdings wurde hierdurch auch
internationalen Verpflichtungen Rechnung getragen: Die "Weltgemein-schaft"
hatte beschlossen, das Übel an der Wurzel zu packen.
Gelungen ist dies gleichwohl zu keinem Zeitpunkt. Weder das
großflächige Ausbringen von Herbiziden auf Felder und Bauern
noch durch Inbrandsetzen der Felder. Auch durch den Einsatz
der lustigen Motte „Malumbia" oder durch fiese Pilzkulturen
waren keine spürbaren Effekte zu erzielen. Alternative
Produkte (Kakao, Früchte etc.) wurden subventioniert, aber
infolge des Überan-gebots verfielen die Preise. Auch waren
beispielsweise Initiativen, die Opiumbauern im "Golden
Triangle" (Tailand, Laos, Burma) auf den Anbau von Erdbeeren
umzustellen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
In den 90er Jahren begannen inspirierte Pioniere, den
heimischen Anbau in Gewächs-häusern für sich zu entdecken.
Die Zahl der Ermittlungsverfahren stieg sprunghaft an. Lag
sie 1982 noch bei ca. 300, wurden 1998 schon 2822 Fälle
registriert. Dabei wurden 76000 Cannabispflanzen
sichergestellt.
Heutzutage ist nunmehr alles verboten, was im Wege der
Aufzucht der Gewinnung "gängiger" psychoaktiver Substanzen
dienen könnte. Dieses sind u.a. die Kokasorten (z.B.
Erythroxylum Coca), die Pflanzen und Pflanzenteile der
einschlägigen Mohnsorten (Papaver .... - im Einzelnen aber
unterschiedlich eingeordnet und nicht z.B. die Samen),
mescalinhaltige Kakteen, Mutterkornpilz (LSD) und
Khat-Strauch dann, wenn diese als Betäubungsmittel
missbraucht werden sollen. Die WHO definiert Missbrauch als
die einmalige, mehrmalige oder ständige Verwendung ohne
medizinische Indikation bzw. die Verwendung in übermäßiger
Dosierung.
Gleiches gilt für psilocybin-haltige Pilze. In diesem Rahmen
sei aber auf ein besonderes rechtliches "Schmankerl"
hingewiesen. Gemäß dem Wortlaut des BtMG* werden u.a. nur
„Pflanzen und Pflanzenteile" erfasst. Diskutiert wird, ob
die Tatbestände auf Pilze, die nach wohl überwiegender
Ansicht keine Pflanzen sind, überhaupt angewendet werden
können. Der gängigste Kommentar argumentiert dazu, dass
dieses jedenfalls vom Gesetzgeber gewollt sei. Dieses
erscheint unter allgemeinen strafrechtstheoretischen
Gesichtspunkten aber ein bisschen wenig. Gleichwohl kann
niemandem empfohlen werden, sich auf diese Ausflucht zu
verlassen. Jedenfalls ist der Umgang mit Pilzmycel (soweit
es kein Psilocybin enthält) nicht verboten. Ein offensiver
Vertrieb, verbunden mit anschließender Aussaat zu
Rauschzwecken, ließe sich aber ggf. wieder als
Anstiftungshandlung ahnden.
Der Anbau hochgiftiger Nachtschattengewächse wie: Alraune,
Bilsenkraut, Stechapfel, Tollkirsche und Engelstrompete ist
dagegen erlaubt. Der Wahrsagesalbei (Salvia Divinorum) fällt
zwar nicht unter das BtMG, aber unter das
Arzneimittelgesetz.
Was für die Koka- und Mohnsorten gilt, gilt
selbstverständlich auch für Cannabis und zwar auch für die
THC-armen Sorten (< 0,3 % THC), den sog. Nutzhanf. Der Anbau
von Nutzhanf ist lediglich für bestimmte landwirtschaftliche
Unternehmen erlaubnisfrei, muss aber angezeigt werden, und
zwar bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
in Frankfurt. Auch der Anbau von Cannabis als Schutzstreifen
bei der Rübenzucht, ist erlaubnisfrei, solange er vor der
Blüte vernichtet wird. Wohingegen seit 1998 der Besitz von
Cannabissamen, soweit diese zum Anbau bestimmt sind,
verboten ist. Einige Beispiele aus der Rechtsprechung: OLG
Zweibrücken: 8 große Cannabispflanzen = 10 Tagessätze
Geldstrafe; BayObLG: 2 weibl. Cannabispflanzen bis zur
Erntereife = 4 Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung; OLG
Düsseldorf: fünf 3.50 m hohe Cannabispflanzen (20 Kg
Blattmaterial / 11,34 g THC) = 6 Mon Freiheitsstrafe mit
Bewährung; LG Halle: 84 junge Cannabispflanzen einer
besonders THC- und ertragsreichen Sorte unter laufender
Bewährung wegen gewerbsmäßigem Anbau (§ 29 Abs. 3 BtMG) = 2
Jahre und 9 Monate Freiheitsstrafe.
Als Nebenfolgen können beispielsweise auftreten: fristlose
Kündigung der Wohnräume, Entziehung der Gewerbeerlaubnis,
Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. Eignungsuntersuchung. Besonders findige Rechtsanwender seien darauf
aufmerksam gemacht, dass z.B. mit umfangreichen
Warnhinweisen versehener Vertrieb zu rauschfreien Zwecken
(z.B. Duftkissen) in der einschlägigen kriminalistischen und
rechtlichen Literatur lebhaft besprochen wird und alles
andere als Gewähr bietet, von Strafverfolgung frei zu
bleiben. Auch schützt Unwissenheit vor Strafe nicht.
Tatsächlich straffrei allerdings ist der Vertrieb von
allgemeinem Equipment zur Aufzucht, soweit diese Tätigkeit
nicht im Einzelfall die Grenze zur Anstiftung oder Beihilfe
überschreitet. Derart strafbares Fördern des inkriminierten Anbaus eines Anderen bezöge sich immer auf ein
konkretes Vorhaben.
Es müsste bewusst und gewollt sein.
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